Ethik ist immer schwierig. Was ist ethisch gut, was nicht? Wie soll man sich entscheiden? Warum muss man überhaupt ethisch handeln? Geht es nicht besser ohne?
Kurz und knapp gesagt: es geht nicht besser ohne.
Die Ethik versucht herauszufinden, wie das Zusammenleben von Menschen gelingen kann. So gelingen, dass man selbst als auch die Mitmenschen langfristig gut damit fahren und ein gutes Zusammenleben aller möglich ist. Das ist das Ziel von Ethik.
Bleibt die Schwierigkeit herauszufinden, was ethisch gut ist oder nicht. Was man tun und was man besser lassen sollte.
Hierzu haben sich Heerscharen von Philosophinnen und Philosophen geäußert, aber nur wenige so gut wie Immanuel Kant (1724-1804). Kant gilt zu Recht als einer der größten Philosophen. Moderne Philosophie ist ohne ihn nicht denkbar. Moderne Ethik auch nicht.
Kant und die Ethik
Was sagt Kant über die Ethik?
Zuerst gilt: ethisches Handeln, moralisch gutes Handeln muss frei sein. Ich muss in Freiheit meine Vernunft einsetzen um zu erkennen, was gutes Handeln ist und was nicht.
Hierzu muss ich bestimmte moralische Prinzipien erkennen, objektive allgemeingültige moralische Werte, an denen ich mich orientiere und die dann auch ohne Ausnahme verpflichtend sind – daher der Name Pflichtethik für die Ethik Kants.
Die Vernunft hat Einsicht in diese allgemeingültigen moralischen Prinzipien, nach denen ich dann handeln kann. Ich muss diese Prinzipien immer wieder überprüfen, aber wenn sie dieser Überprüfung standhalten, sind sie gültig.
Wie erkenne ich nun diese moralischen Prinzipien, diese hohen Werte, an denen ich mich orientieren soll? Die mir sagen, wie ich handeln soll?
Der Kategorische Imperativ
Kant spricht hier vom „Kategorischen Imperativ“, der in einer der verständlicheren Versionen wie folgt lautet:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.”
Vielleicht kann man diesen Kategorischen Imperativ am besten indirekt erklären, über den Umweg der Goldenen Regel, mit der er oft verwechselt wird. Die Goldenen Regel ist am bekanntesten mit dem Zitat: „Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg auch keinem andern zu“.
Also: Handle so, wie du auch behandelt werden willst. Die Goldene Regel ist sehr populär, auch weil sie im christlichen Neuen Testament steht: „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen.“ (Lk 6,31)
Wo ist der Unterschied der Goldenen Regel zum Kategorischen Imperativ und warum ist der Kategorische Imperativ weiter und besser?
Bei der Goldenen Regel geht es nur um zwei Personen, um mich und den anderen. Ich soll den anderen so behandeln, wie ich von ihm behandelt werden will.
Der Kategorische Imperativ geht viel weiter, wenn er sagt: es geht nicht nur um dich und den anderen, sondern um alle. Um die ganze Gesellschaft. Handle so, dass dein Handeln ein allgemeingültiges Gesetz werden könnte: Das, was du tust, muss immer auf alle hin gedacht werden: Kann aus deinem Handeln ein allgemeingültiges Gesetz werden? Das ist eine große Erweiterung gegenüber der Goldenen Regel.
Ein Beispiel, natürlich rein fiktiv:
Ich muss einen Beamten bestechen, damit ich eine Baugenehmigung bekomme.
Nach der Goldenen Regel wäre das absolut in Ordnung: denn mir geht es dabei gut (ich kann bauen) und dem Beamten geht es auch gut (er kriegt das Geld). Handle so, wie du auch behandelt werden willst.
Der Kategorische Imperativ stellt hingegen die Frage: kann das zu einem allgemeinen Gesetz werden? Immer, wenn jemand keine Genehmigung kriegt, dann soll er den Beamten bestechen?
Wohl kaum!
Es geht beim Kategorischen Imperativ darum, dass alles auf eine prinzipielle Frage zurückgeführt werden muss: Handle so, dass das dein Handeln ein allgemeines Gesetz werden könnte. Handle so, dass dein Handeln immer und überall gültig sein könnte.
Fazit
Die Ethik Kants lebt – wie jede Ethik, die nicht auf religiösen Geboten aufbaut – vom Gebrauch der Vernunft. Diese Ethik setzt einen Menschen voraus, der frei über sein Handeln entscheiden kann und vernünftig über sein Handeln nachdenkt. Beides ist nicht selbstverständlich, aber umso mehr muss man sich drum bemühen. Weil nur so Ethik gelingen kann. Und damit menschliches Zusammenleben.