Wir gehen zurück an den dunklen Anfang der Philosophie. Von den historisch ersten Philosophen ist so gut wie nichts überliefert. Nur einige wenige Zitate, die uns aus späteren Zeiten überliefert sind, übermitteln uns zumindest einige, kleine Lichtpunkte ihres Lebens und Denkens. Einer dieser ersten Philosophen ist Heraklit. Er ist einer der ersten und bis heute spannendsten.

Biographie

Heraklit (Quelle: www.wikimedia.org)

Er stammt aus der Stadt Ephesos an der Küste der Ägäis und lebte von ca. 520 bis ca. 460 v. Chr. Aus seinem Leben sind maximal einige Anekdoten bekannt, deren Wahrheitsgehalt oft zweifelhaft ist. Was wir haben, sind 137 einzelne Zitate, die wohl aus einem verschollenen Gesamtwerk Heraklits stammen.

Was bei diesen einzelnen Sätzen sofort auffällt: eine rätselhafte, schwer verständliche Sprache, die ihm bereits in der Antike nicht ganz unberechtigt den Beinamen „Der Dunkle“ eingehandelt hat. Sätze wie „Der Weg hinauf und herunter ist derselbe“ auf einen Sinn zu entschlüsseln, ist durchaus eine Aufgabe für den Interpreten. Entsprechend kursierte in der Antike die von bösen Zungen verbreitete Anekdote, dass Heraklit verstorben sei, weil selbst sein Arzt ihn nicht verstehen konnte.
Doch auch wenn Heraklits Sätze oft dunkel und verwirrend sind, bietet er doch eine neue, sehr spannende Sichtweise auf die Welt, die ihn bis heute sehr interessant und anregend macht – auch für Manager.



 

Kerngedanke

Beginnen wir mit dem wohl bekanntesten Zitat Heraklits: „Der Krieg ist der Vater aller Dinge.“ Oft wird dieser Satz in dem Sinne missverstanden, dass in Kriegszeiten wegen des Konkurrenzdrucks gegenüber dem Feind mehr Erfindungen getätigt werden. Ist möglichweise so, hat aber mit Heraklit nichts zu tun.
Heraklit sieht die Welt als einen Schauplatz ständig gegeneinander wirkender Kräfte. Alles ist in Bewegung („Alles fließt!“), alles kämpft gegeneinander. Die Natur steht nicht still, sie ist ein ständiger Kampf. Entsprechend ist der „Krieg der Vater aller Dinge“: alles, was existiert, verdankt sich diesem Kampf.

Heraklit, Gemälde 17 Jh. (J. Moreelse), Quelle: www.wikipedia.org

Mit diesem Kampf meint Heraklit allerdings keinen bloßen Streit aller Dinge miteinander, sondern er weist darauf hin, dass eine Sache sich zwar immer in Abgrenzung zu etwas anderem befindet, gleichzeitig aber auch an seinen Widerpart gebunden bleibt.

Genau in dieser Gleichzeitigkeit von gegenseitiger Anziehung und Abstoßung aller Dinge liegt der Grundgedanke Heraklits. Tag und Nacht sind das Gegenteil voneinander und trotzdem nicht ohne den anderen denkbar: „Kaltes wird warm, Warmes kühlt sich ab, Feuchtes trocknet, Dürres wird benetzt“, schreibt Heraklit. Jede Veränderung der Welt, jedes Leben spielt sich zwischen solchen Gegensätzen ab.

Damit ist die Welt kein zerstörerischer Krieg und kein anarchisches Chaos, sondern bildet in diesen Gegensätzen feste Strukturen, denn auch wenn man nie in den gleichen Fluss steigt, weil das Wasser immer weiterfließt, das Flussbett bleibt das gleiche, so Heraklit.

 

Für Manager

Manager stehen vor der großen Herausforderung, sich selbst und ihre Unternehmen in einem sich immer schneller verändernden Umfeld bewegen zu müssen. Digitalisierung, VUCA-Welt, Globalisierung, Agilität sind die Stichworte dieser rasanten Veränderung, die an keinem vorbeigeht.
Heraklit lehrt, dass die Wirklichkeit zwar in ständiger Bewegung ist und diese Bewegung chaotisch wirken mag, aber sich dahinter feste Strukturen verbergen, denen man auf die Spur kommen muss.


Heraklit lehrt:

  • Heraklit in Raffaels “Schule von Athen”, Quelle: www.wikipedia.org

    Die Welt ist in ständiger Bewegung. Es ist unmöglich, diese Bewegung aufzuhalten oder zu glauben, man könnte etwas unverändert bewahren, denn: “Alles fließt.“

     

  • Es gibt feste Strukturen, nach denen diese Veränderungen funktionieren. Wenn die nicht wahrgenommen werden, erscheint die Wirklichkeit als Chaos. Das ist durchaus anstrengend, denn: “Die Natur liebt es, sich zu verbergen.”
  • Diese Struktur werden nicht wahrgenommen, indem man nur blind Informationen sammelt. Sie müssen richtig verarbeitet werden, denn: “Das Lernen vieler Dinge lehrt nicht Verständnis.”
  • Es kommt auf die Mischung an, Bewegliches und Festes zusammenzudenken. Als Person und als Unternehmen ist ständige Veränderung gefragt. Change Management ist ein Dauerauftrag. Ohne seine Persönlichkeit und sein Profil aufzugeben, denn: “Der Charakter des Menschen ist sein Schicksal.”
  • Wer nur auf Veränderung und Innovation setzt, rennt blind ins Chaos und geht unter. Wer nur bewahren und das eigene Profil schützen will, erstarrt und geht unter.

 

Literaturempfehlungen:

Dietz, Karl Martin: Heraklit von Ephesus.

Heraklit: Fragmente.