Immer wieder fällt das menschliche Denken auf sich selbst herein. Es stellt Verbindungen her, wo keine sind oder es sieht Sachen als logisch begründet, die gar nicht existieren. Alles denkbar und nicht so untypisch, wie man vielleicht hoffen kann.

Wohl der König der logischen Fehlschlüsse ist die Mißachtung des Unterschieds zwischen Korrelation und Kausalität. Sie beruht letztlich auf dem großen, menschlich absolut verständlichen Wunsch, sich die Welt ein bisschen erklärbarer zu machen. Und das tun wir Menschen, indem wir die Dinge miteinander in Beziehung bringen und versuchen, immer wieder Ursache-Wirkungs-Verhältnisse zu erkennen.

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Beispiel: eine schwarze Katze kreuzt den Weg. Direkt danach läuft man gegen die nächste Laterne. Schwarze Katzen bringen Unglück und sorgen dafür, dass etwas Schlimmes passiert.

Anderes Beispiel: Peter hat Pech beim Kartenspielen. Irgendwann kommt sein Bruder Paul dazu und schon startet Peter eine Siegesserie. Paul ist ein Glücksbringer und hat dafür gesorgt, dass Peter wieder gewinnt.

Das Problem: hier liegen zwar Verhältnisse vor, weil bestimmte Dinge zeitgleich passieren (das Unglück und die schwarze Katze; der Bruder Paul und die Siegesserie), aber das heißt noch lange nicht, dass auch ein Ursache-Wirkungsverhältnis besteht.

Man spricht hier von einer „Korrelation“. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie: „Wechselbeziehung“. Es geht also darum, dass zwei Dinge miteinander in einem bestimmten Verhältnis stehen. Dieses Verhältnis muss aber nicht automatisch kausal sein, also kein Ursache-Wirkungs-Verhältnis besitzen.

 

Der Klassiker: zwischen 1970 und 1985 sank in Niedersachsen die Zahl der Neugeborenen – gleichzeitig ging auch die Storchenpopulation zurück. Jeder, der nicht mehr daran glaubt, dass der Storch die Kinder bringt, erkennt keinen direkten Zusammenhang. Er ließe sich aber bei der Betrachtung der Zahl der Neugeborenen und der Storche herstellen: weniger Storche führen zu weniger Kinder.

Solche Denkfehler sind häufiger als man denkt, und ganze Wirtschaftszeige leben davon. Der Patient nimmt das homöopathische Mittel X und wird wieder gesund. Lag das an dem Mittel? Gut möglich, dass er auch ohne dieses Mittel wieder gesund geworden wäre. Das Horoskop sagt einen beruflichen Erfolg voraus. In der Tat folgt auch eine berufliche Glückssträhne. Aufgrund der Sterne? Oder wäre die auch ohne Horoskop erfolgt?

Auch die Wirtschaft ist nicht gefeit vor diesen Fehlern. Ein Unternehmen ist in einer tiefen Krise, schreibt tiefrote Zahlen. Der neue Manager Dr. Müller-Schultze beginnt, das Unternehmen umzukrempeln. Nach einiger Zeit geht es aufwärts, die Zahlen stimmen wieder. Kann am neuen Manager gelegen haben, sicher. Aber es muss nicht daran gelegen haben. Das muss man eben noch prüfen und bis dahin gilt: Ursache für die guten Zahlen unbekannt. (Auch wenn sich der neue Manager feiern lässt und schnell das Unternehmen wechselt, bevor die Zahlen wieder runtergehen.)


Wissenschaft

Nun wird es spannend, denn selbst in der Wissenschaft sind solche Fehlschlüsse nicht unüblich, gerade in der Auswertung von empirischem Material.

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Beispiel: Man hat herausgefunden, dass Kinder, die gesund ernährt werden, bessere Leistungen in der Schule bringen. Also der Schluss: Gesunde Ernährung macht Kinder schlauer. Auch hier besteht kein logisches oder kausales Verhältnis. Dass die Kinder, die gesünder ernährt werden, in der Schule besser abschneiden, kann auch daran liegen, dass Familien, in denen es eine gesunde Ernährung gibt, mehr Wert auf die Bildung ihrer Kinder legen. Die Aussage, dass die Ernährung selbst Einfluss auf die Leistung der Kinder hat, ist logisch nicht haltbar.

Nächstes Beispiel: Die Statistik sagt: Patienten, die länger im Krankenhaus sind, verlassen das Krankenhaus in einem schlechteren Zustand als Patienten, die dort nur kurz sind. Möglicher Schluss: das Krankenhaus macht kränker. Ein Fehlschluss, weil es nicht die Länge des Krankenhausaufenthaltes ist, die kränker macht, sondern der kränkere Zustand, mit dem man ins Krankenhaus geht, den Aufenthalt dort länger macht.

Von solchen Fehlschlüssen kann man jeden Tag in den Medien Dutzende nachlesen: regelmäßiger Sex macht älter, vegetarische Kost ist gesünder, ehrenamtliche Arbeit macht glücklicher, die Ursachen des Burnout liegen in der Kindheit, Ballerspiele am Computer machen aggressiv, Fleischkonsum begünstigt Darmkrebs; Rauchen macht depressiv. Auch die Themen Feinstaub und Diesel sind nicht sicher vor diesen Fehlschlüssen. Auch hier wird zumeist von Kausalitäten geredet, wo nur Korrelationen vorliegen.

Es ist ein Problem der Statistik: dass Vegetarier älter werden und gesünder sind, heißt nicht, dass vegetarische Kost gesünder ist, sondern kann ganz andere Ursachen haben: dass Vegetarier mehr auf ihre Gesundheit achten, oft auch mehr Sport machen usw.

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Dass Fleischesser häufiger am Darmkrebs erkranken, kann eben auch daran liegen, dass Fleischesser in wohlhabenderen Ländern leben, in denen man älter wird, und Darmkrebs schlägt zumeist erst in höherem Alter zu (50% der Patienten sind älter als 70). Dass die Fleischesser an Darmkrebs erkranken, kann also schlicht damit zu tun haben, dass sie als Fleischesser in Ländern leben, in denen sie statistisch gesehen das richtige Alter für den Darmkrebs erreichen und nicht vorher an etwas anderem sterben.

Solche Fehlschlüsse haben durchaus Auswirkungen auf Politik und Wirtschaft, sei es, dass sie selbst solche Fehlschlüsse erzeugen oder den Fehlschlüssen anderer erliegen.


“Spurious Correlations”

Es gibt mittlerweile eine Internetseite, die sich es sich zur Aufgabe gemacht, solche korrelativen Verhältnissen auf die Spur zu kommen und wahnwitzige Ergebnisse zu produzieren: http://www.tylervigen.com/spurious-correlations.

Dort wird anhand identischer Kurven zweier Faktoren Folgendes bewiesen:

  • Je höher die Bildungsausgaben in den USA, desto mehr Selbstmorde.
  • Je mehr Leute im Pool ertrinken, desto mehr Filme dreht Nicolas Cage.

    Quelle: www.tylervigen.com

  • Je mehr Margarine konsumiert wird, desto höher ist die Scheidungsrate in Maine.
  • Je mehr Öl aus Norwegen importiert wird, desto mehr Autofahrer kommen ums Leben, weil sie vom Zug erfasst werden.
  • Je mehr Mathematiker promoviert werden, desto mehr Uran wird in Kraftwerken eingelagert.

Solche Schlüsse gibt es massenhaft und ganze Wirtschaftszweige leben davon: Homöopathen, Astrologen, Ernährungsratgeber usw.

 

Fazit

Diese Fehlschlüsse schleichen sich sehr schnell ein, da sie dem menschlichen Grundbedürfnis entsprechen, Zusammenhänge herzustellen und somit die Welt ein bisschen erklärbarer zu machen. Hierbei werden allerdings auch Zusammenhänge gesehen, wo einfach keine existieren.

Umso wichtiger ist es, genau hinzuschauen, ob wirklich ein kausales Verhältnis zwischen zwei Sachen vorliegt oder ob es nur so aussieht. Dabei geht es weniger um schwarze Katzen oder Horoskope, sondern um tiefgreifende Fehlentscheidungen, die in Wirtschaft oder Politik aufgrund solcher Denkfehler getroffen werden.

 

Literaturempfehlungen:

Krämer, Walter: So lügt man mit Statistik.

Quatember, Andreas: Statistischer Unsinn. Wenn Medien an der Prozenthürde scheitern.

Vigen, Tyler: Spurious Correlations.